Das Kind ist …!

liesLotte im Gespräch mit Familienrechtlerin Nazan Simsek darüber, warum die schwierigsten Phasen der Erziehung im Nachhinein die schönsten sind.

Wie bereits Immanuel Kant feststellte, ist die Erziehung die größte und schwerste Aufgabe, die dem Menschen auferlegt werden kann. Erziehung bringt nicht nur Freude mit sich, sondern ist mit Herausforderungen, viel Verantwortung und unermüdlicher Hingabe verbunden.

Denn ist das Kind auf der Welt, beginnen die schlaflosen Nächte. Eltern fühlen sich oftmals müde, gefordert, das Kind quengelt, weint, kommt schlecht in den Schlaf, zahnt. Zudem erfordert die Pflege des Säuglings viel Geduld und auch Aufmerksamkeit. Zwischen zwei und vier Jahren befinden sich Kinder sodann in der Trotzphase; Wutausbrüche und Trotzanfälle können Eltern herausfordern. In der Vorschulzeit beginnen dann die unaufhörlichen Fragen. Kinder sind in dieser Altersklasse besonders neugierig. Der Schulbeginn in Folge stellt für die Kinder eine große Umstellung dar. In dieser Phase brauchen Kinder besonders viel Unterstützung. Kaum atmen die Eltern durch, befinden sie sich in der Vorpubertät ihres Kindes, gefolgt von der Pubertät, ist dies oftmals die schwierigste Phase für Eltern, da Kinder bzw. Jugendliche, auf der Suche nach ihrer eigenen Identität, sich im Gefühlschaos befinden. Eltern können daher durchaus an die Genzen ihrer Geduld kommen.
Gerade die schwierigen Phasen der Erziehung werden rückblickend oft als die schönsten Erinnerungen wahrgenommen. Wenn wir auf schwere Zeiten in unserem Leben zurückblicken, erkennen wir ihren Wert, denn sie stärken uns, lehren uns den Umgang mit Herausforderungen und fördern unsere Resilienz sowie die Entwicklung unseres Selbst.

Solche Erfahrungen bereiten uns darauf vor, künftig besser mit unerwarteten Ereignissen umzugehen. In der Erziehung ist es ähnlich: Besonders in schwierigen Momenten wachsen auch die Eltern. Nicht nur das Kind lernt, auch die Eltern lernen mit. Dabei entdecken sie vor allem eine Geduld, von der sie vorher nichts ahnten.

Blicken Eltern auf diese schwierigen Phasen zurück, sind sie nicht nur stolz auf das Kind, welches sich weiterentwickelt hat, sondern es erfüllt sie mit Zufriedenheit, dass sie ihr Kind begleitet haben und mit den Kind gewachsen sind.
In diesen herausfordernden Zeiten können die Beziehungen tiefere Wurzeln schlagen, verbindender und intensiver werden. Hierdurch entsteht viel Nähe und Verständnis füreinander. Im Alltag ist dies in der Form nicht so intensiv ausgeprägt.

So verwundert es nicht, dass Eltern im Nachhinein nahezu nostalgisch von den schwierigen Zeiten der Erziehung berichten.

Kinderjahre sind wertvoll. Es sind 18 Sommer und 18 Winter. Die Jahre sind kostbar. in jeder Herausforderung ist ein einzigartiger Lebensabschnitt geborgen. So entpuppt sich jede schlaflose Nacht oder auch nervaufreibende Situation, als ein wertvoller Teil der gemeinsamen Familiengeschichte. Man fühlt Dankbarkeit und Wertschätzung füreinander.

Wie Jesper Juul zutreffend formulierte, besteht die Jugendzeit aus Tausenden von Experimenten und Reife entwickelt sich nur dann, wenn die Jugendlichen den Raum und die Möglichkeit bekommen, auch ihr Scheitern mit ihrer Familie zu teilen.

Das Bewusstsein, nicht allein durch harte Zeiten gegangen zu sein, sondern gemeinsam mit anderen daran gewachsen zu sein, stärkt das positive Gefühl, das man rückblickend empfindet. Gemeinsam bewältigte Herausforderungen werden zu den Grundsteinen von Beziehungen, die ein Leben lang halten.

Erziehung ist eine Reise voller Höhen und Tiefen. Gerade die anstrengendsten Phasen prägen Eltern oft am stärksten und geben ihnen das Gefühl, etwas Bedeutendes geleistet zu haben.

Am Ende sind es die Herausforderungen, die uns die tiefste Erfüllung und die schönsten Erinnerungen schenken.

www.kanzlei-simsek.de

Foto: Adobe Stock, Halfpoint