Vätergeschichten: Einfach Liebe

Vätergeschichten Kessler Zwillinge

Auf die Frage, über was ich schreiben soll antwortete Josepha pfeilschnell: LIEBE

Puh! – An dem Begriff haben sich schon einige Philosoph:innen die Zähne ausgebissen oder, wenn es sich dabei um die Liebe zu einer Frau handelte, sogar die Zähne ausschlagen lassen.

Nachdem ich jedoch eine Zahnzusatzversicherung habe, wage ich mich mal an das Thema und schreibe über die Art von Liebe, die tiefe Wurzeln hat, aber auch ganz schön fordernd sein kann.

Josepha hat – wie all meine Kinder – mein Herz im Sturm erobert. Schon als Bauchzwerge waren meine Kinder sich meiner Liebe sicher und dann als kleine neue Erdenbürger:innen waren sie allesamt so süß, dass einem fast die Zähne beim Anhimmeln ausgefallen sind!

Vor einem Jahr war unsere Zuckermaus Josepha eine ganze Weile lang eher süß-sauer bis bitter zu handeln – wie eine tickende Zeitbombe, die bei jeder noch so kleinen Erschütterung in die Luft gehen konnte. Das HB-Männchen war dagegen ein sanfter Riese. Für seine kleinen Probleme waren womöglich Zigaretten hilfreich, für uns keine Option.

Josepha spielte mehrmals in der Woche ganz große Bühne! Wenn die Reihenfolge der Anziehsachen nicht beachtet wurde, konnte es sein, dass sie „Alle zurück auf Los“ einforderte und man die Szene „Und täglich grüßt das Wut-Monster in mir“ neu spielte. Kräftezehrend war das! Im Kindergarten selbst war alles super. Das hauseigene Drama schien eine unendliche Geschichte zu werden. Meine Frau und ich (mit unserem Überlebens-Galgenhumor) überlegten schon, ob eine Dreijährige noch in die Babyklappe passen könnte.

Umso dankbarer waren wir, dass unser Kindergartenteam sehr feinfühlig ist und gemerkt hat, dass wir ratlos waren. Manchmal nützt schon eine andere Sichtweise und so kam es, dass wir Josephas Not verstehen lernten. Es war nämlich ganz schön viel Veränderung in kurzer Zeit, die unser Wildfang verarbeiten musste. Plötzlich nicht mehr nur die Kleine zu sein, sondern gleichzeitig kleine und große Schwester.

Wir erhielten von Kindergärtnerin Steffi einen Stern, auf dem alle wunderbaren Eigenschaften von Josepha standen. Zu dem Zeitpunkt hatten wir selten Josephas Schokoladenseite zu Gesicht bekommen und freuten uns, dass uns jemand aufzeigte, wie toll unser Kind eigentlich ist. Dieser Stern bekam einen Ehrenplatz im Esszimmer. So werden wir, wenn ab und an mal wieder Tragödie auf dem Programm steht, daran erinnert, dass unsere Gärtnerstochter ein richtiger Schatz ist.

Um es mit den Worten des französischen Regisseurs Cocteau zu sagen: „Alle Kinder haben die märchenhafte Kraft, sich in alles zu verwandeln, was auch immer sie sich wünschen.“

Und wenn dies ab und an ein kleiner Hausdrache ist, denkt bitte daran, sie verwandeln sich mit Verständnis und Liebe wieder zurück.

Johannes samt Gärtnerstöchter und Kessler-Zwillinge