Start ins Leben: Was kann ein moderner Vater leisten?

Vater sitzt mit Kind auf dem Küchentisch

Mark hat einen Vollzeitjob, den er mit Leidenschaft macht. Er hätte aber auch gerne mehr Zeit mit seinen beiden Kindern und möchte es anders machen als sein Vater früher, den er nur am Wochenende gesehen hat. Seine Frau arbeitet etwas weniger und kann sich somit etwas mehr um die gemeinsamen Kinder kümmern. Würde Mark weniger arbeiten, müsste seine Frau ihre Stunden erhöhen, damit die Familie sich das teure Wohnen in der Stadt leisten kann. Er hätte zudem als Teilzeitkraft nicht mehr die Möglichkeiten im Beruf wie bisher. Würde die Familie aufs Land ziehen und damit etwas günstiger wohnen, müssten beide Elternteile weite Wege zu ihren Arbeitsstellen pendeln: die Zeit mit den Kindern käme wieder zu kurz. Mark steckt als Hauptverdiener also in einer Zwickmühle: Ein Luxusproblem?

Nein, denn das Beispiel entspricht eher einer Lebensrealität vieler Väter heutzutage, bei denen neben der beruflichen Verwirklichung die Familie mindestens den gleichen Stellenwert haben soll: man könnte auch sagen, es entspricht dem Idealbild des modernen Vaters. In dieser Idealvorstellung wollen die Väter gerne von Geburt an viel Zeit mit ihren Kindern verbringen, später auch mehr an der täglichen Erziehung teilhaben und nicht nur am Wochenende für den Spaß zuständig sein. Sie sehen das tägliche Familienleben ebenso als sinnstiftend an wie die Mütter.

Doch häufig verdienen sie nach wie vor mehr als ihre Partnerin und nehmen deswegen vielleicht gerade mal die beiden Partnermonate Elternzeit nach der Geburt, damit diese nicht „verschenkt“ werden. Die durch Elternzeit entstehenden Einkommenseinbußen sollen bei den aktuell hohen Lebenshaltungskosten nicht so hoch ausfallen. Dabei bleibt das eigentliche Bedürfnis der Väter nach mehr Teilhabe am Familienleben gerade in den ersten Lebensjahren der Kinder eher ein Wunsch. Versuchen Väter jedoch, beidem gerecht zu werden wie im Beispiel von Mark, geraten sie häufig in eine Stressspirale und sind ausgebrannt. Sie versuchen beispielsweise, möglichst früh mit der Arbeit zu beginnen, damit am Nachmittag noch genug Zeit für die Familie bleibt. Dieser hohe Anspruch an sich selbst geht dann häufig auf Kosten der Gesundheit, zum Beispiel durch dauerhaften Schlafmangel.

Das Idealbild des modernen Vaters, der alle Lebensbereiche locker jongliert bekommt, wird oft noch durch andere Einflussfaktoren außer dem hohen Anspruch an sich selbst befeuert: Zum einen ist da die Partnerin, die mittlerweile häufig selbst eine sehr hohe Erwartungshaltung an den Vater ihrer Kinder hat, da so viele Männer die Doppelbelastung mit Beruf und Familie sehr gut hinzubekommen scheinen (die Social-Media-Kanäle sind voll von vermeintlich perfekten Familiengeschichten). Zum anderen sind da noch die Arbeitskolleg:innen und Vorgesetzten, die je nach Branche dann gegenüber Vätern, die wegen der Familie weniger arbeiten wollen oder häufiger nicht da sind, doch nicht so tolerant sind, wie es gesellschaftlich vermittelt wird: Nicht wenige Väter haben im Beruf das Nachsehen, wenn sie zum Beispiel wegen eines kranken Kindes zu Hause bleiben.

Der Staat hat glücklicherweise viele Mechanismen und Anreize geschaffen, die es heutzutage auch Vätern ermöglicht, mehr Teilhabe am Familienleben zu ermöglichen (Elternzeit, Kinderkrankentage, Anspruch auf Teilzeitarbeit, Vater-Kind Kur, etc.). Manche Stimmen sagen, der Staat sei dabei aber noch immer nicht progressiv genug vorgegangen. Ein Beispiel: Ein Klient in der Beratung sagte einmal, er hätte sich rund um den Geburtstermin seines Kindes eine Art „Vaterschutzfrist“ (analog zur bestehenden Mutterschutzfrist) gewünscht, in der der werdende Vater Vaterschaftsgeld bekommt. Die Wochen rund um die Geburt seien so sehr von Unsicherheit und Stress für ihn geprägt gewesen, dass er sich ohnehin nicht auf seinen Job konzentrieren konnte.

Doch nicht nur finanzielle Entlastung wünschen sich Väter häufig, wenn man sie nach ihren Bedürfnissen fragt. Auch der gesellschaftliche Druck, dem Idealbild eines modernen Vaters zu entsprechen – finanziell stark ausgestattet und fürsorglicher Familienvater mit viel Zeit – ist sehr hoch. Der hohe gesellschaftliche Anspruch, der bisher vor allem an die Mütter gestellt wurde, ist mittlerweile auch bei den Vätern angekommen.

Zu begegnen ist diesem Druck vermutlich nur mit Gelassenheit und dem Vertrauen, dass es die ideale Vaterfigur nicht gibt und jeder sie so gut ausfüllt, wie er im Rahmen seiner Möglichkeiten und Ressourcen eben kann.

INFO:
Autor Martin Köbach arbeitet in der Schwangerenberatung und Sexuellen Bildung, berät auch speziell Männer und werdende Väter zu Themen rund um Schwangerschaft und der Zeit bis zum dritten Lebensjahr des Kindes.

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