Nicht selten höre ich in der Beratung von Eltern, dass sie in der Begleitung und Erziehung ihres Kindes das Gefühl haben, „sich gegenseitig auf die Füße zu treten“.
Sie erleben, eher gegeneinander statt miteinander zu sein. Sie beschreiben, dass sie in ihrer jeweiligen Elternrolle in der gleichen Situation so unterschiedlich auf das Kind reagieren, dass sie darüber in Streit kommen und die Welt, sich selbst und den anderen Elternteil nicht mehr verstehen. Manchmal ergeben sich daraus handfeste Probleme und ein zermürbender Kampf beginnt, wer nun die richtige Methode, Reaktion, Einschätzung oder Vorgehensweise hat, dem gemeinsamen Kind zu begegnen.
Die gegenseitigen Vorwürfe gipfeln oft in dem Gedanken: „Wenn ich alleine mit dem Kind bin, ist alles viel einfacher.“ und wenn sich der Stress steigert oder noch eine weitere Belastung dazu kommt, hören wir in der Beratung dann „Ohne sie / ihn wäre ich vielleicht besser dran“, „es wäre einfacher und harmonischer.“ Und das von Eltern, die sich noch vor gar nicht allzu langer Zeit voller Freude und Zuversicht entschieden haben, ein Kind zu bekommen und eine Familie zu gründen…
Frage ich danach, mit welchen Ideen und Gefühlen sie in die Familienphase gestartet sind, wird schnell klar, dass die Liebe und Verbundenheit durch die Turbulenzen der Veränderungen, die mit einer Familiengründung einhergehen, aus dem Blick geraten sind. Paare die sich vorgenommen haben, „es“ gemeinsam zu stemmen, stehen sich manchmal kampf- und krampfartig gegenüber und sind weit weg von der einstmals geplanten und gewünschten Einheit.
Aus Sicht der Bindungsforschung profitieren Kinder aus einer gemeinsamen Elternschaft. Ein feinfühliges Verhalten unterstützt das Kind beim Umgang mit Gefühlen und Bedürfnissen. Die Aufmunterung zum aktiven Spielverhalten, „Quatsch-Machen“ und Ausprobieren hilft dem Kind in seinem Bedürfnis nach Exploration und Erkundung der Umgebung.
Was könnte Eltern helfen, als Team zu agieren und die jeweiligen Stärken und Fähigkeiten für den Familienalltag zu nutzen? Wie kann es gelingen, die Ressourcen zusammen zu tragen, die Gemeinsamkeiten zu feiern, die Unterschiede willkommen zu heißen oder sie gar als Bereicherung zu sehen?
Aus der Familienberatung bei profamilia in Augsburg sind folgende Anregungen entstanden:
- Versucht Euch immer wieder selbst klar zu machen, dass es für ein gesundes Aufwachsen genügt, eine ausreichend gute Mutter, ein ausreichend guter Vater zu sein!
- Lernt klarer und häufiger zu sagen, was ihr an konkreter Unterstützung braucht: „Kannst Du bitte morgen ab 16 Uhr …“
Helft Euch gegenseitig und fragt nach, was ihr braucht – so wie ihr es beispielsweise bei Menschen macht, mit denen Ihr befreundet seid. - Verzichtet darauf, Euch selbst und dem anderen Elternteil Vorwürfe zu machen.
- Verteilt die Aufgaben danach, wem was leichter fällt – und ändert die Zuständigkeiten immer wieder nach den Entwicklungsschritten des Kindes ab.
- Sagt Euch selbst und gegenseitig, was ihr gut findet und was gut läuft.
- Denkt daran, dass jeder Konflikt eine Möglichkeit sein kann, auf andere Weise zu reagieren. Ausprobieren und schauen, was hilft.
- Kennt Eure persönlichen Belastungen oder besondere Stresszeiten und gebt und nehmt genau in diesen Zeiten Entlastung an.
- Macht Euch Eure Grenzen bewusst, formuliert „No-Gos“ im Umgang mit dem Kind und kommuniziert dies mit dem anderen Elternteil.
Lernt Unterschiede als Ergänzung zu sehen und seht, dass ihr dem Kind damit unterschiedliche Möglichkeiten für dieselbe Sache vorlebt.
INFOs zur Autorin:
Elke Gropper-Schumm
Dipl. Soz.-Päd. (FH), Schwangerenberatung
und Sexuelle Bildung
pro familia Augsburg e.V.
Hermanstr. 1 (am Königsplatz)
kostenfreie Familienberatung mit zum 3. Lebensjahr des Kindes
Termine: 0821 / 45 03 62-0
Foto: Adobe Stock, avtk