Start ins Leben: Weihnachten voller Erwartungen + Hoffnungen

Junge Weihnachten Augen zu Lichter

Weihnachten ist für die meisten ein Familienfest. Und doch kann es laut einer soziologischen Studie sogar ein „kritisches Lebensereignis“ sein. Weihnachten ist oft überfrachtet von Wunschvorstellungen, Hoffnungen und Erwartungen. Diese sind oft genau gegenteilig zu dem, was dann tatsächlich passiert. Viele Menschen fühlen sich in dieser Zeit durch Trubel und Konsum häufiger gestresst, weniger zufrieden, einsam oder sogar traurig. Und manchmal schreibt das Leben eine andere Geschichte als geplant:

Die Familie des dreijährigen Sebastian zum Beispiel sucht vor Weihnachten wochenlang ein Karussell auf einem Weihnachtsmarkt, mit dem auch er endlich fahren kann. Seine körperliche Einschränkung macht es unmöglich, auf den Figuren eines herkömmlichen Karussells zu sitzen. Kurz vor Heiligabend kommt schließlich ein Tipp von einem Freund: in 50 km Entfernung gibt es ein rollstuhlgerechtes Karussell, ja sogar in einer Feuerwehr kann Sebastian dort mit seinem Rollstuhl stehen. Mit seiner Familie verbringt er einen ganzen Nachmittag dort und fährt so viele Runden, bis im schwindelig ist. Für ihn ist dieser Nachmittag schöner als alle Geschenke, die er am nächsten Tag bekommt.

Lucie und Bernd bekommen Anfang Dezember ihr erstes Kind. Sie sind überglücklich und planen, die Feiertage festlich zusammen mit ihren Familien und ihrem Neugeborenen zu verbringen. Zwei Wochen nach der Geburt bemerken sie, dass es dem Baby nicht gut geht, es atmet schlecht. Die Kinderärztin stellt eine Lungenentzündung fest und schickt sie ins Krankenhaus. Dort bangen sie einige Tage um das Leben ihres Kindes, bis klar ist, dass es die Entzündung überstehen wird. Kurz vor Weihnachten ist die kleine Familie noch immer im Krankenhaus, das geplante Fest mit der Familie wird ausfallen. Am Abend des 24. Dezember sitzen die Eltern allein im Aufenthaltsbereich und werden von einem Krankenpfleger mit Kakao und Plätzchen überrascht. Die Eltern werden das erste Weihnachten mit ihrem Kind lange in Erinnerung behalten.

Raul und sein Vater sind vor zwei Jahren nach Deutschland gekommen, da sie ihr Heimatland verlassen mussten. Die Weihnachtszeit mit ihren komischen Gebräuchen in Deutschland hat er noch nie verstanden und konnte damit nichts anfangen. Aus seiner Heimat kennt der heute Siebenjährige nur andere Feste. Dieses Jahr im Dezember ist alles anders: Das Weihnachtsfest verbringen sie dieses Jahr zusammen mit der neuen Freundin seines Vaters und ihrem Sohn Lars, der sehr nett zu Raul ist und ihm (aus Kindersicht) erklärt, wie Weihnachten und das mit den Geschenken bei ihnen funktioniert. Es gefällt ihm, dass er endlich mehr von dieser Kultur versteht, in der Weihnachten so wichtig zu sein scheint. Am allerbesten findet er aber, dass er jetzt einen neuen Freund gefunden hat. Es fühlt sich fast so an, als hätte er einen Bruder.

Mira und Luisa wünschen sich seit mehreren Jahren ein Kind. Die bisherigen Versuche der Kinderwunschbehandlung blieben leider erfolglos. Dass sie als lesbisches Paar mit Hürden zu kämpfen haben, war ihnen klar. In ihrer Vorstellung wollten sie dieses Jahr an Weihnachten das erste Mal gemeinsam mit ihrem Kind unter dem Weihnachtsbaum sitzen. Da es nun doch anders gekommen ist und sie enttäuscht sind, bedeutet Weihnachten in diesem Jahr für beide, sich füreinander Zeit zu nehmen und gegenseitig etwas Gutes zu tun. Für Mira und Luisa ist es jetzt wichtig, die belastende Situation zu entspannen. Gedanken, wie andere Wege aussehen können, sich ihren Kinderwunsch zu erfüllen, wollen sie sich im nächsten Jahr machen.

Die Menschen in unseren Beispielen verbringen ihr Weihnachtsfest ganz unterschiedlich. Nicht alles läuft nach Plan, manch Schönes passiert nebenbei, es gibt auch Enttäuschungen. Allen Familien gemein ist aber, dass der Austausch von Geschenken an Weihnachten (auch für die Kinder) nicht das Wichtigste ist, sondern etwas individuell Anderes in dieser Zeit einen höheren Stellenwert hat.

Ich wünsche allen Leser:innen eine entspannte Weihnachtszeit, so gut es eben geht!

INFO:
Martin Köbach
Schwangerenberatung + Sexuelle Bildung
pro familia Augsburg e.V.
Hermanstr. 1 (am Königsplatz)
Termine: 0821 / 45 03 62-0

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