Einander verstehen und helfen

Kind an einer Kletterwand

Wenn ein Kind schwer erkrankt, ist die ganze Familie stark belastet. Seltene Erkrankungen wie ein Schlaganfall bei Kindern, ist dabei noch eine zusätzliche Herausforderung. 2002 gründete Sabine Frenkenberger als betroffene Mutter die Selbsthilfegruppe „Kind mit Schlaganfall“ in Augsburg. Es war die erste Gruppe dieser Art in Deutschland. Im Juni 2021 hat Marie Gravot die Leitung übernommen. Im Interview schildert sie, wie wichtig der Austausch für die Familien ist.

Frau Gravot, wie sind Sie zu der Selbsthilfegruppe gekommen?
Unser Sohn Tim (5) musste direkt nach der Geburt auf die Intensivstation. Er bekam aus heiterem Himmel Krampfanfälle, die nicht mehr aufhören wollten. Dann die Diagnose: Schlaganfall. Wir waren völlig geschockt. Wir wussten nicht, dass schon Kinder Schlaganfälle erleiden können. Das betrifft doch nur ältere Menschen, dachten wir. Die Ärzt:innen sagten uns, man müsse abwarten. Dieses Abwarten war das Schlimmste. Wir wurden auf ein sehr schwer beeinträchtigtes Kind vorbereitet. Gleichzeitig machte man uns Hoffnung, dass Tim trotz seines zerstörten Sprachzentrums sprechen lernen könnte. Wir haben uns dann auf die Suche nach Informationen gemacht und sind im Internet auf die Selbsthilfegruppe „Kind mit Schlaganfall“ gestoßen. Dort haben wir zum ersten Mal ein anderes Kind mit einer Hemiparese, einer Halbseitenlähmung erlebt. Meinem Mann und mir hat es unglaublich geholfen, dieses lebenslustige Kind zu sehen. Und es hat uns so gutgetan, Menschen zu finden, die genau verstehen, wie es uns geht, welche Ängste und Fragen wir haben. Verwandte und Freund:innen tun sich da schwer.

Familie Gravot

Hat Corona die Arbeit der Gruppe verändert?
Vor Corona haben wir uns monatlich getroffen. Zudem gab es Ausflüge und ein jährliches Wochenende im Allgäu. Weil unsere Online-Treffen viel besser geklappt haben als wir dachten, behalten wir diese auch künftig zusätzlich zu den Präsenztreffen bei, denn für manche Familien sind Online-Treffen einfacher zu organisieren. Sehr schade ist es aber, dass wir die Fahrten ins Allgäu wegen Corona zwei Mal absagen mussten. Diese Begegnungen fehlen uns sehr. Seit Juli 2021 finden endlich wieder echte Treffen statt.

Wie unterstützt der Bunte Kreis die Gruppe?
Im Bunten Kreis haben wir einen starken Partner gefunden. So werden wir beispielsweise bei der Finanzierung der Wochenenden im Allgäu unterstützt. Diese intensiven Tage waren immer sehr bereichernd. Wir wussten die Kinder gut betreut und so konnten wir Eltern mit professioneller Moderation Themen angehen, die uns schwer auf der Seele lagen, wie die Situation der Geschwisterkinder, die eigene Betroffenheit und Trauer oder den Umgang mit den Reaktionen anderer. Die Gruppe hat dadurch einen noch stärkeren Zusammenhalt bekommen und auch wir Eltern gingen ermutigt zurück in den Alltag. Und wir dürfen die Räumlichkeiten des Bunten Kreises nutzen. Mit Küche, Mehrzwecksaal und Spielplatz ist es dort ideal für unsere Bedürfnisse. Wir sind dem Bunten Kreis wirklich sehr dankbar für die langjährige und verlässliche Unterstützung.

INFO:
Selbsthilfegruppe „Kind mit Schlaganfall“
Treffen: 1 x / Woche, derzeit online
Kontakt: kindmitschlaganfall@web.de