Start ins Leben: Kinder brauchen Eltern, die an sich denken

Müder Vater füttert Baby mit Fläschen

Der Geburtsvorbereitungskurs ist zu Ende, der Elterngeldantrag vorbereitet, die Babysachen liegen bereit. Dann wird das Baby geboren. Man wird Eltern und ist plötzlich Familie. Von nun an ist man nicht länger nur Mann, Frau oder Mensch, sondern ab jetzt auch Mutter oder Vater.

Kaum etwas verändert die Paar- und Liebesbeziehung so stark wie das
Elternwerden. Kommt ein Kind dazu, werden die Dinge meist komplexer und möglicherweise auch zerbrechlicher. Und es fehlt plötzlich an vielem: vor allem an Schlaf und Zeit, aber oft auch an Wertschätzung, Zuwendung, körperlicher Nähe, Verständnis und manchmal auch an Respekt zwischen dem einstigen Liebespaar.

Mutter sein und Vater sein bringen neue Facetten der Persönlichkeit zum Vorschein. Elternwerden gibt, nimmt aber auch viel. Man möchte eingefahrene Rollenbilder von Mutter und Vater aufbrechen und neu gestalten – dann kommt die Realität, denn die Prägungen sitzen tief.

Man will als Eltern besonders gut sein – oft mit hohen Selbstansprüchen, wofür anderes hinten anstehen muss. Eltern werden auch immer besser darin, bedürfnisorientiert mit viel Geduld und Hingabe mit ihren Kindern
umzugehen – um dann die eigenen Bedürfnisse und manchmal auch die
des anderen Elternteils zu vergessen. Generell sind Familien heute mit vielen verschiedenen Ansprüchen und Bedürfnissen beladen.

Diesen Balanceakt zu meistern geht nicht, ohne auch immer mal wieder Zumutungen zu verteilen und Frust auszuhalten. Wird dieser zu groß und kommt er zu oft, entsteht Unzufriedenheit und überträgt sich nicht allzu selten auf die Paarbeziehung – auch wenn er gar nicht von dort kommt. Jede:r kämpft im voll bepackten Alltag für sich und seine Bedürfnisse und hat kaum Kapazitäten für die Nöte des anderen. Man fühlt sich alleingelassen, nicht gesehen und vernachlässigt, vielleicht auch bevormundet, unverstanden und an mancher Stelle strenger behandelt als das eigene Kind. Wer zu viel Stress hat, landet schnell im Flucht- oder Kampfmodus. Der Blick füreinander wird enger und Momente des liebevollen Umgangs werden weniger.

Neben all der Care- und Erwerbsarbeit sowie der gesamten Mental Load rund um die Familie bleibt kaum noch Energie übrig, sich um die Liebesbeziehung zu kümmern. Man soll ja bitteschön auch Zeit finden zum Selfcaring, Sport treiben, aktiv sein…

Vielleicht geht es jedoch vielmehr darum, sich auch und an erster Stelle um die Liebe und Paarbeziehung zu kümmern – in einer ähnlichen Intensität wie man sich um die Kinder und alles andere kümmert, eben auch als eine Art Fürsorgepflicht. Eine Frage, die sich Paare stellen könnten: „Was braucht unsere Liebe, damit wir gute Eltern sein können?“

Doch fühlen sich Kindern nicht vernachlässigt, wenn Eltern sich um sich als Paar kümmern? Nein heißt die klare Antwort eines bekannten Familientherapeuten: „Liebende bleiben. Kinder brauchen Eltern, die an sich denken.“ Und wie sieht das konkret aus? Sich bewusst Zeiten nehmen, indem sich beide außerhalb der Elternrolle, also wieder als Mann und Frau begegnen. Kurze Berührungen, liebevolle und freundliche Blicke im Alltag, echtes Interesse und auch „Wohnzimmerdates“ könnten ein Anfang sein.

Aber auch (Paar-)Beratung könnte als geschützter Raum gesehen werden. All das geht nicht von allein, das wäre zu schön. Aber es lohnt sich, denn das Paar ist das Fundament und das „Herz“ der meisten Familien.

INFO zur Autorin:
Katharina Kiehlmeier
Sozialpädagogin (BA), Systemische Beraterin
Schwangerenberatung
pro familia Augsburg e.V.
Hermanstr. 1 (am Königsplatz)

Termine: 0821 / 45 03 62-0

www.profamilia.de/augsburg

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