Parkour mit ParkourOne
Man kennt das aus Filmen: Es ist entweder der coole Jugendliche oder der flüchtige Kleinkriminelle, der mithilfe gewagter Sprünge, gefühlt an Wänden hochlaufend, und durch die Kombination spezieller Moves unvorhergesehene Wege durch die Stadt einschlägt. Es ist eine spezielle Fortbewegungsart, Parkour genannt, die hier ihren Einsatz findet. Bei ParkourOne in Augsburg geht es aber nicht um Coolness, vielmehr um eine tolle Sportart, bei der die Traceure, wie man die Parkourläufer nennt, auch mal erst fünf Jahre alt sind.
Von Angelina Blon.
Allein schon die Kulisse, vor der sich um die 20 Traceure im Alter von fünf bis etwa zehn Jahren treffen, beeindruckt mich. Es ist die Kids-Klasse, die auf der Prinz-Karl-Wiese mit ihrem Löwendenkmal, umgeben von altehrwürdigen Gebäuden, trainiert. Coach Michael Thümmler und sein Kollege Marcel, der heute unterstützt, empfangen die kleinen Sportler, jeden einzelnen mit einigen persönlichen, warmherzigen Worten.
„Wir möchten unsere SchülerInnen inspirieren, fördern und herausfordern. Unsere Art, Parkours zu unterrichten, soll ihnen Raum geben, sich individuell zu entfalten. Denn jedes Kind, jeder Mensch ist einzigartig, wertvoll und hat ganz eigene, besondere Talente“, schildert Mike die Philosophie ihrer Akademie. Dass auch die Kinder diese wertevolle Herangehensweise verinnerlicht haben, wird schnell klar. Denn Kinder und Trainer versammeln sich immer zu Beginn des Trainings im Kreis, begrüßen sich nochmals und nehmen sich kurz Zeit, über die Hintergründe ihres Slogans „ONE for all – all for ONE“ zu philosophieren.
Heute bittet Mike, die drei Ziele, die auch als Piktogramme auf den T-Shirts der Kids abgebildet sind, zu erklären. Vor allem mir und den drei Kindern, die heute zum Schnuppern da sind.
Selma (10 J.) beginnt mit den Blättern: „Das steht für Potenzialentfaltung. Man probiert Sachen aus und entdeckt irgendwas, was man gut kann.“ „Jeder hat einen Rucksack, den er mitbekommen hat – was ist da drin? Das ist wie die Blätter, die sich entfalten“, schiebt Mike noch nach. Das nächste Piktogramm, das mit dem Herz, ist schwieriger: Gesundheitsförderung. Auch wenn den Kindern das Wort selbst nicht gleich einfällt, wissen sie doch, dass es darum geht, gesund zu trainieren, sodass nichts weh tut und man sich nicht verletzt. „Training soll nicht schaden. Ihr wollt ja in 30 Jahren auch noch fit sein“, so Marcel.
Schließlich geht es um die Werte, sinnbildlich an einer Hand definiert. Die Kinder helfen zusammen, um für alle Finger die entsprechenden Werte zu erklären: Daumen – es gibt kein Gut und kein Schlecht, wir werten nicht und unterstützen uns gegenseitig; Zeigefinger – wir wollen ein Ziel erreichen; Mittelfinger – Respekt mir, dir und der Umwelt gegenüber; Ringfinger – Vertrauen in sich selbst und die anderen; der kleine Finger – Bescheidenheit. „Macht man eine Faust, dann kommen alle zusammen. Was bedeutet das?“, fragt Mike. Die Antwort kommt prompt: „Mut!“ Leopold (9 J.) erklärt mir dann noch kurz: „David Bell hat Parkour erfunden in Frankreich. Um seine Umgebung sinnvoll zu nutzen.“ So einfach kann man Parkour beschreiben.
Und dann geht es endlich los mit einigen Aufwärmübungen. Als „Lokomotive“, immer einer voran und die anderen hinterher, laufen sich die Kinder ein, Dehn- und Kraftübungen folgen, schließlich Speedelemente wie die „Wilde Bande“. Begeistert rennen die Jungs und Mädchen dabei möglichst schnell, kreuz und quer und so wild wie möglich über die Wiese, allerdings mit der Auflage, sich gegenseitig nicht zu berühren.
Nun werden die Stufen zum Löwendenkmal miteinbezogen. Mit einem Tennisball zwischen die Füße geklemmt sollen die Kinder zunächst nur auf den Ballen stehend die Balance halten um dann die kleine Stufe damit auch rauf und runter zu springen. „Das trainiert Gleichgewicht und Körperspannung, beides essenziell für Parkour“, so Mike. Er bespricht auch, dass die Kinder das alles sehr bewusst und konzentriert tun sollen: „Man muss genau wissen, was man gerade macht, denn sonst geht vielleicht etwas schief.“ Und genau so sollen sie nun Präzisionssprünge üben. Für die, die es sich zutrauen, nicht nur auf die kleine Stufe, sondern auch auf die fast einen halben Meter hohen Steinblöcke. Freundlicherweise kann mir Ferdinand (7 J.) erklären, was das ist: „Man landet auf den Fußballen. So kann man sich abfedern. Wenn man auf dem ganzen Fuß landet, kann man das Gleichgewicht auch gar nicht halten.“
Jedes Kind macht genau die Sprünge, die es sich zutraut. Dann zeigt Mike den Katzensprung. Er setzt beide Arme auf dem Steinblock auf und springt aus dem Stand mit den Füßen zwischen die Arme. „Wer das noch nie gemacht hat oder sich noch nicht traut, springt erst mal neben seine Arme. Wer das schon gut kann, versucht immer weiter nach vorne zu springen.“
Er zeigt auch gleich alle möglichen Varianten und schon versuchen sich die Kinder selbst. Mike und Marcel sind dabei immer ganz nah an den Kindern dran und unterstützen, verbessern und loben vor allem. Inzwischen ist Lilo (8 J.) schon ganz ungeduldig: „Mike, machen wir jetzt endlich den Rundlauf?“ Auf diesen Teil des Trainings freuen sich alle. Denn nun heißt es wirklich Parkour. Mike zeigt den Kindern eine Runde im Park, die sie mit bestimmten Moves bewältigen sollen: „Im Katzensprung über den Stein, TicTac am Löwendenkmal, dann wie ihr wollt über die Bank, um den Baum und noch mal einen Katzensprung, dann von vorne.“ Bewundernd sehen die kleinen Traceure dem Großen zu, vor allem beim TicTac, bei dem man sich während eines Sprungs an einer seitlichen Wand abstößt. „Der TicTac ist am coolsten!“, darin sind sie sich einig.
Nach unzähligen Runden, die die Kinder außer Atem bringen, muss Mike sie leider stoppen, denn das Training ist schon fast zu Ende. Doch bevor es nach Hause geht, gibt es eine Feedbackrunde. „Was ist dir heute gut gelungen?“, lautet die Frage. Jakob (6 J.) freut sich besonders über seinen gelungenen Katzensprung, während Amelle (7 J.) findet, dass sie den TicTac heute besser geschafft hat als das letzte Mal. Nach einem kleinen Krafttraining und dem kurzen Cool-down blickt noch mal jeder jedem in die Augen, um auf Wiedersehen zu sagen.
INFO
ParkourOne Augsburg
Ansprechpartner: Mike Thümmler, Tel.: 0170 / 585 60 09
Minis: 3 – 6 J., 45 Min. / Woche, 50 € / Monat
Kids: 6 – 12 J., 1,5 h / Woche, 50 € / Monat
Junior: ab 12 J., 2 x 2h / Woche, 80 € / Monat
Probetraining nach Online-Anmeldung mögl.,
versch. Trainingsorte in Augsburg und Dasing
Workshops für Schulklassen und Gruppen
Fotos: Angelina Blon