Familientraining mit dem AATC e. V.
All die verschiedenen Kampfkünste sind eigentlich nicht meins, geht es doch letztendlich immer darum, sich mit einem Gegner zu messen. Und gerade bei den Asiatischen, wie Jiu Jitsu,
Wing Chun, Aikido, Judo, Taekwondo, Kung Fu oder wie sie alle heißen, sind mir die Unterschiede nicht wirklich ersichtlich. Heute also Allkampf – diese Fusion verschiedenster Kampfkünste als reine Verteidigung macht mich neugierig. Vor allem, wenn Kinder zusammen mit ihren Eltern das gleiche Training besuchen, wie beim Augsburger Allkampf & Teakwondo Club.
Von Angelina Blon.
In der Turnhalle ist es überraschend leise. In geraden Reihen, akkurat nebeneinander und nach der Farbe der Gürtel sortiert von weiß über gelb, orange und grün bis hin zu blau und braun stehen etwa 20 Kinder und halb so viel Erwachsene in ihren weißen Anzügen in Reih und Glied. Kalle Renner, der als einziger einen schwarzen Gürtel trägt, begrüßt gerade seine Schüler.
Und dann geht es auch schon los: Da wird auf der Stelle gehüpft, die Beine hochgezogen oder ein imaginärer Schlag ausgeführt. „Hana, dul, set, net, dasot, …“ Kalle zählt auf koreanisch. Allkampf-Jitsu verbindet Elemente aus verschiedenen Kampfkunstsystemen wie Karate, Aikido, Jiu-Jitsu, Judo, Kung-Fu oder eben dem koreanische Taekwondo, das ebenfalls im Verein gelehrt wird. Nun drehen sich jeweils zwei Personen zueinander. Es wird nochmals kurz umsortiert, so dass die beiden in etwa gleich groß sind. Die Partner laufen aufeinander zu, weichen aus und drehen um, um das gleich nochmal zu wiederholen und schließlich schneller zu tun. Schließlich soll der eine Partner möglichst oft durch die Beine des anderen hindurch kriechen. Mitzählen ist angesagt: Während Stefan und Florian, zwei Papas, mühevoll gerade mal acht oder neun Wiederholungen schaffen, freuen sich die Kleinen, die bereits ab vier Jahren dabei sind, da sie alle mehr schaffen als die Erwachsenen.
Es folgt das sogenannte Formenlaufen, ebenfalls aus dem Teakwondo übernommen: immer noch in ordentlicher Aufstellung werden Blocks, Schläge und Schritte geübt, bei denen vor- bzw. rückwärts gegangen wird: „Kreuzblock nach unten“ mit den Händen und „zweimal Ap-Chagi“, ein Fußtritt. So lauten die unterschiedlichen Anweisungen von Kalle, der durch die Reihen geht und immer mal wieder korrigiert. Es geht hier sehr diszipliniert – die Kinder lassen sich von meinen Fragen kaum ablenken – und respektvoll zu, und doch stellt man schnell fest, dass es im Training vor allem um ein gutes Miteinander und Spaß an Bewegung geht. „Die Griffe an sich sind für mich Nebensache“, betont Kalle. „Mir ist es wichtiger, dass die Kinder selbstbewusster werden. Und auch lernen, miteinander und mit Kleineren gut umzugehen.“
So schauen sich die Kleinen und Neuen vor allem von den anderen ab, was zu tun ist, gerade beim Training der Angriffs- und Verteidigungsgriffe. Raphael (9 J.) und Philipp (6 J.), zwei Brüder, trainieren zusammen. „Er greift mich an: packt mich vorne an der Brust und tut so, als ob er mir eine Watschen gibt. Und ich verteidige mich.“ Der angedeutete Schlag ins Gesicht wird mit den Händen abgeblockt, ein Ellbogenstoß in Richtung Gegner hält diesen in Zaum, während man sich aus dessen Griff ausdreht. Nebenan üben Finea (9 J.) und Kirill (11 J.) mit einem Gummimesser, wie man eine Messerattacke von unten abwehrt. Die Übungen mit Messer wirken unschön. Doch noch gehören sie zum Repertoire für prüfungen der Kinder, so dass diese selbstverständlich geübt werden. Auch wenn die Kinder begeistert mit den Gummiwaffen hantieren, so werden diese demnächst aus dem Graduierungssystem wegfallen.
Gerade bei solchen Übungen wird deutlich, was Allkampf eigentlich ist: ein modernes Selbstverteidigungssystem. „Allkampf ist reine Selbstverteidigung“, erklärt Eva Schöniger, die beim Training unterstützt. Kalle ergänzt: „Dabei ist das Wichtigste, dass es vor allem darum geht, einem handgreiflichen Konflikt aus dem Weg zu gehen, wegzugehen. Aber im Zweifelsfall eben auch, sich selbstbewusst hinzustellen.“ Und daher legt Kalle während des Trainings hohen Wert auf den sogenannten „Kampfschrei“: „Ich möchte euch hören! Lauter!“ und mit einem Augenzwinkern in Richtung Eltern: „Zuhause seid ihr bestimmt nicht so leise?“ Es schreckt ab, wenn sich jemand laut zu schreien traut. Und auch, wenn jemand selbstbewusst auftritt. Finea wirkt schüchtern und leise. Und doch erzählt sie mir stolz, dass sie sich im Schulhof zu verteidigen gewusst hat, als sie von hinten umgriffen und geschubst wurde. Immerhin hat sie auch schon viel gelernt als Trägerin eines grünen Gürtels.
Mindestens genauso wichtig ist im Verein das familiäre Miteinander. Es ist schon etwas Besonderes, wenn Eltern mit ihren Kindern das gleiche Training besuchen können. „Da müssen Eltern nicht Zeit totschlagen, bis die Kinder fertig sind. Sie haben selbst die Möglichkeit, sich sportlich zu betätigen, was sonst im elterlichen Alltag oft zu kurz kommt“, weiß Kalle Renner. Amelie (7 J.) hat vor kurzem mit ihrem Papa angefangen: „Kampfsport wäre zwar nicht meine Wahl gewesen, aber es ist auch für mich ein tolles Training, das alle Muskelpartien umfasst.“ Dem können Verena und Stefan nur beipflichten. Das Paar, das selbst im Kindes- und Jugendalter Kampfsport betrieb, kommt regelmäßig mit seinen vier Kindern (5 – 14 J.) zum Training. Ein Sohn leidet unter Skoliose. Zum Muskelaufbau riet ihm die Klinik Kampfsport: „Das haben wir uns nicht zweimal sagen lassen.“
Info: AUGSBURGER ALLKAMPF & TAEKWONDO CLUB AATC E.V.
Allkampf ab 4 J., auch mit Eltern, Ansprechpartnerin: Eva Schöniger
Training: 2 x / Woche möglich, zusätzliches Teakwondo-Training mögl.
Sporthalle der St.-Max-Volksschule, Gänsebühl 22, Augsburg und
Erhard-Wunderlich-Sporthalle, Ulrich-Hofmaier-Str. 30, Augsburg
Kosten: monatl. 15 € (K), 26 € (2 K der gleichen Familie), 37 € (Fam. ab 3 Pers.),
einmalig 25 € Aufnahmegebühr, 30 € Mitgliedsausweis;
www.aatc-ev.de