Top-Fit: Judo – Wertevoll kämpfen

HINWEIS: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr (Erscheinungsdatum: 22. Februar 2019). Es kann sein, dass Inhalte dieses Artikels sich geändert haben. Hier geht es zu unseren aktuellen Meldungen.

JUDO MIT DEM SV GOLD-BLAU AUGSBURG

von Angelina Blon. Dieses Mal also Judo. Mal wieder ein Kampfsport. Ich selbst finde, man muss genug kämpfen in seinem Alltag: mit Schule, Noten, Ordnung, Gefühlen. Muss man da auch noch sportlich kämpfen? Aber das ist nur meine Meinung; kleine Jungs und manchmal auch große sind da ja gewöhnlich anderer Meinung. Und so mache ich mich diesmal auf, den japanischen Kampfsport unter die Lupe zu nehmen. Bei den Bambinis zwischen fünf und sieben Jahren des SV Gold-Blau Augsburg.

„Respekt“, „Ehrlichkeit“, „Wertschätzung“, „Mut“, „Bescheidenheit“. Fünfzehn Kinder in weißen Judoanzügen hocken hoch konzentriert in einer perfekten Reihe auf den typischen gelb-blauen Matten. Nach einer Begrüßung mit Verbeugung und japanischer Grußformel, die Jan (7) stellvertretend für alle Kinder sagt, wiederholen sie die zehn Judowerte. Ludwig (5) weiß noch eine: „Hilfsbereitschaft. Wenn einer was nicht kann, helfe ich ihm“ oder Michael (8): „Selbstbeherrschung, man darf nicht gleich ausrasten.“ Da gibt es auch noch Ernsthaftigkeit und Höflichkeit, aber am wichtigsten ist wohl die „Freundschaft: auch wenn wir kämpfen, sind wir noch Freunde“, so Anastasia (9). Judo ist ebenso eine Philosophie zur Persönlichkeitsentwicklung wie eine japanische Kampfkunst. „Es geht selbstverständlich ums Kämpfen, dabei aber vor allem darum, die Kraft des Gegners gegen ihn anzuwenden“, so Eugen Heinz, der das Training leitet. Das Prinzip dieser uralten Kampfkunst liegt darin, durch Nachgeben zu siegen, aber auch, mit einem Minimum an Aufwand eine maximale Wirkung zu erreichen. Trotz aller Kampfausrichtung  geht es Eugen Heinz primär darum, dass die Kinder Verantwortung für ihren Trainings- oder Kampfpartner übernehmen, sprich ihn nicht verletzen. „Judo ist für mich ein Teamsport – zwei Menschen, ein Team.“ Und so stehen die Judowerte nicht nur an erster Stelle im Trainingsablauf, sondern auch im Umgang miteinander.

Aber wie in jeder Sportart geht es nun ans Aufwärmen. Aus dem östlichen Kulturkreis machen die Kinder einen Sprung in die Neue Welt und spielen „Cowboys“. Mit einem kurzen Wettlauf nach zehn Liegestützen ergattern die drei Schnellsten jeweils einen Judogürtel, den sie als Lasso einsetzen, um die anderen Kinder damit zu fangen. Selbstverständlich werden die Rollen immer wieder getauscht. Dann folgt eine Runde Gelenkelockern. Die Kinder stehen im Kreis und Richard (5) darf in der Mitte die Übungen vormachen: Kopf nicken und drehen, Arme kreisen, Handgelenke dehnen und viele mehr. Es gibt auch eine Bodenübung, bei der sich die Kinder im Liegen ver- und auf die Seite drehen, „damit ihr euch aus dem Griff eines Gegners befreien könnt“, erklärt Eugen und korrigiert hier und da.

Ein wesentlicher Bestandteil von Judo und so auch hier im Training sind Falltechniken. „Beim Fallen ist das Wichtigste, laut mit der Hand aufzuklatschen“, erklärt Nikos (7), „das federt dann ab und es tut nicht weh.“ Er übt gerade vor allem das seitliche Fallen, denn das ist eine der Übungen, die er bei seiner Gürtelprüfung am nächsten Tag zeigen wird. Er ist voll bei der Sache und hat keine Zeit, mir noch mehr darüber zu erzählen. Denn er möchte seinen weißen Gürtel endlich gegen den gelb-weißen eintauschen, um damit den 8. Kyu, den untersten Grad, der ab etwa sieben Jahren erworben werden kann, zu erreichen. Ebenso die beiden Michaels (7 + 8), die mit viel Schwung die Judorolle, das Abrollen über die Schulter, üben. „Stellt den richtigen Fuß nach vorne“, korrigiert Eugen. Schließlich erzählt mir Jan, der den gelb-weißen Gürtel bereits stolz trägt, was er für seine Gürtelprüfung können musste: „Da ist das Fallen, Wurftechniken, wie man im Stand oder am Boden mit seinem Gegner umgeht und natürlich noch ein Kampf.“

Wurftechnik – was in meinen Ohren eher unschön klingt, schaut in Wirklichkeit dann doch nicht so schlimm aus. O-soto-otoshi, der große Außenwurf, ist ein Wurf, bei dem dem Gegner sozusagen ein Bein gestellt wird, um ihn auf den Boden zu befördern. Bei O-goshi, dem Hüftwurf, wird der Gegner mithilfe der Hüfte ausgehebelt und gestürzt. Denn der Gegner wird nicht, wie der Name Wurf vermuten lässt, einfach zu Boden geworfen, sondern mehr als Partner zu Boden geführt. Und schließlich wird das Abrollen noch mal mit einer Partnerübung verfeinert. Gerhard (6) und Samuel (5) zeigen es: Einer spielt „Bank“, über die sich der andere Superman-mäßig legt. „Spannung aufbauen“ nennt es Eugen. Dann lässt sich Superman vorwärtsfallen, rollt sich über seine Bank ab und „flutscht“ unter ihr durch. Doch jetzt geht es ans Eingemachte: Beim Judokampf müssen alle Elemente ineinandergreifen. „Man darf seinen Partner nur drücken oder ziehen, nicht schlagen“, erklärt Maxim noch, kurz bevor ein hässliches Tuten den Start für zwei Minuten Kampf ankündigt. Daniel (7) ringt mit ihm und schafft es, den gegnerischen Judoka mit einem gekonnten O-goshi auf den Boden zu bekommen, wo dieser sich erfolgreich aus dem ebenfalls gerade vorher geübten Haltegriff Kesa-gatame windet. „Da sieht man, wer es richtig macht“, meint Eugen nur dazu. Denn einen Punkt bekommt nur, wer es schafft, den Gegner entweder auf den Rücken zu werfen oder im Bodenkampf auf den Rücken zu drehen und dort kurz zu halten.

Die beiden Judoka kämpfen mehrere Runden mit jeweils nur einer Minute Pause dazwischen. Die Gesichter sind verbissen, das Kämpfen geschieht mit Nachdruck und Ernst. Doch kaum erklingt  der Ton, der das Ende des Kampfes anzeigt, springen die beiden auf, lachen und sind wieder die besten Kumpels.

Info: JUDO
SV Gold-Blau Augsburg e.V., Abteilung Judo
Kontakt: Abteilungsleiter Arthur Sipple, Tel.: 0157 / 31 65 68 65, Trainer Eugen Heinz,
Tel.: 0176 / 62 12 84 67, judo.goldblau@gmail.com
Training: Bambini (5 – 7 J.) 2 x / Woche, Kinder (8 – 14 J.) 3 x / Woche,
Erhard-Wunderlich-Sporthalle Augsburg, Ulrich-Hofmaier-Str. 30
Beitrag: 120 € / Jahr (K), 10 € Aufnahmegebühr, 30 € Mattengeld / Jahr
Einstieg und 3 kostenlose Schnuppertrainings jederzeit mögl. www.augsburg-judo.de