Pfadfindergruppe „Wölflinge“ des Stammes „Livingstone“

HINWEIS: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr (Erscheinungsdatum: 24. August 2018). Es kann sein, dass Inhalte dieses Artikels sich geändert haben. Hier geht es zu unseren aktuellen Meldungen.

von Angelina Blon

Dick bepackt mit Rucksack und allen möglichen Utensilien, angefangen von Taschenmesser über Blechtasse, Lupe und Feuersteine, schleichen sie mit ihren uniformen Klamotten durchs Unterholz – So stelle ich mir einen typischen Pfadfinder vor. Doch ist es das, was Pfadfinder, von denen es im Bezirk Augsburg allein schon zehn Stämme mit jeweils mehreren Gruppen gibt, machen? Und so treffe ich mich heute mit den Wölflingen des Stammes „Livingstone“ in der Firnhaberau.

Der Hof der evangelischen Kirche St. Lukas in der Firnhaberau ist Treffpunkt für die zwölf Kinder der Pfadfindergruppe der Sechs- bis Zehnjährigen. Als ich eintreffe, begrüßt mich Ina, die Co-Leiterin der Gruppe, während die Kinder, die nach und nach eintreffen, Fangus und Versteckus spielen, bis alle da sind. Auch Vroni, die die Gruppe hauptverantwortlich leitet, ist schwer bepackt eingetroffen. Nicht wie ich es mir vorgestellt habe, sondern einfach nur mit vielen Materialien für die heutige Gruppenstunde. „Wir machen heute das fliegende Ei!“, erklärt mir Vroni gut gelaunt und wird gleich von ihren Grüpplingen belagert, die ihr alle möglichen Neuigkeiten erzählen. Eine im letzten Lager liegen gebliebene Schlafsackhülle findet ihren Besitzer, ein Pfadfindertuch wird richtig gebunden und angelegt, Vroni sortiert ihre Materialien und eine „Kluft“, wie die Pfadfinder ihre einheitlichen Jacken nennen, wird anprobiert. Dann kann es „offiziell“ losgehen und alle hocken sich auf den Boden im Kreis. Vroni begrüßt nochmals alle und erklärt, was es mit dem fliegenden Ei auf sich hat: Ein echtes Ei soll so mit den Materialien präpariert werden, dass es nach einem Sturz aus größerer Höhe heil bleibt. Das Ganze soll im Team geschehen in jeweils Dreiergruppen. „Was heißt Teamarbeit?“, möchte sie von den Kindern wissen: „Es zusammen machen“, „Nicht nur einer sagt, was gemacht wird“. „Und genau das ist es, was die Pfadfinder ausmacht: das Leben in Solidarität, sich um andere zu kümmern und die Gemeinschaft“, erklärt Vroni ihren Schützlingen.

Sie erzählt den Kindern kurz vom Gründer der Pfadfinderbewegung, Robert Baden-Powell, der 1907 in England das erste Pfadfinderlager organisierte und seine Erfahrungen 1908 in dem Buch „Scouting for Boys“ niederlegte. Darin ist die Pfadfindermethode beschrieben, die sich daraufhin als Pfadfinderbewegung in der ganzen Welt ausbreitete und der heute weltweit mehr als 41 Millionen Kinder und Jugendliche aus 216 Ländern angehören.

Die Kinder haben sich bereits in Dreierteams gefunden und auf Ideensuche begeben. Mit einem Zeitungsblatt, jeweils einem Stück Schnur und Klebeband, vier Strohhalmen, einem Blatt Papier und einem Luftballon experimentieren und diskutieren sie, um ein „Flugobjekt“ für ihr rohes Ei zu kreieren. Samuel (10), Melissa (10) und Julien (8) diskutieren gerade über Strohhalmstelzen fürs Ei und quetschen es noch während ihrer Überlegungen in den Luftballon, der dabei allerdings reißt. Und so werden beide Ideen wieder über den Haufen geworfen. Team Jule (9), Mina (8) und Emilia (9) haben sich für eine Lösung mit einem aufgepusteten Luftballon entschieden, der den Fall langsamer machen soll. Sie tüfteln noch an der Ausführung wie die beiden weiteren Teams. So nutze ich die Zeit und versuche herauszufinden, was die Pfadfinder von anderen Jugendgruppen
unterscheidet. „In unseren Gruppenstunden sollen sich die Kinder austoben. Wir machen viele Spiele und sind fast immer draußen. Manchmal machen wir Ausflüge an den Lech. Wir treffen uns einmal in der Woche. Es ist ein schönes Miteinander, das wir haben. Darin unterscheiden wir uns nicht von anderen Gruppen.

Wir sind vielleicht mehr draußen, machen auch „typische“ Aktionen wie Schnitzeljagden mit speziellen Wegzeichen, Feuermachen und Knoten ist ein großes Thema und in unserem Stamm das Bauen und Handwerken. Andere Stämme legen vielleicht den Schwerpunkt auf Musik. Aber wir haben bei den Pfadfindern eigene Werte, Rituale und unsere Kluft, die anders sind und vielleicht von außen komisch wirken“, so Vroni. Um die Werte  Gemeinschaft und gegenseitiges Helfen geht es dann auch in den Lagern der Pfadfinder, die teils als Stammeswochenende, teils als Ferienlager auf Diözesan- oder Bezirksebene bis hin zu internationalen Begegnungen stattfinden. Denn das ist eben auch eine Besonderheit, dass die Organisation von den kleinen Gruppen über den Stamm bis hin zum Bezirk, den deutschen und weltweiten Dachorganisationen reicht. „Wir sind der Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg angegliedert, die sich auf die Grundsätze des christlichen Glaubens stützt und ein katholischer Verband ist, auch wenn wir hier an die evangelische Gemeinde St. Lukas angebunden sind. Unser Stamm heißt ‚Livingstone‘, der wie alle DPSG-Stämme Gruppen in den Altersstufen Wölflinge, Jupfis, Pfadis, Rover und Leiter hat.“ Die Kinder steigen in die nächste Gruppe auf, wenn sie das Alter, aber auch die Reife dafür haben. Der Ein- bzw. Übertritt ist etwas Besonderes und wird mit einem Versprechen, das einen Wunsch oder Vorsatz für sich selbst enthält, und einer Aufgabe verbunden. „Ich habe auf einen Stein einen Wunsch geschrieben und bin auf eine Burg  hochgelaufen, dort habe ich dann mein Tuch bekommen“, erzählt mir Leni (9), die ihr orangefarbenes Tuch wie alle anderen Wölflinge voller Stolz trägt. Die Farbe der Tücher zeigt übrigens, welcher Altersgruppe man angehört. „Kinder und Jugendliche sollen bei den Pfadfindern vor allem Selbstständigkeit entwickeln und lernen, Verantwortung für sich und die Welt zu übernehmen.“

Man merkt, wie wichtig es Vroni und Ina ist, dies in ihrer Gruppe umzusetzen und den Kindern Impulse mitzugeben. Die Flugobjekte sind fertig und sollen gleich erprobt werden. Jede Gruppe hat noch die Gelegenheit, ihr Modell vorzustellen und kurz zu sagen, wie die Zusammenarbeit lief. Und dann wird es spannend: Vroni klettert auf einen Baum, um „Das fliegende Strohhalmei“, „Eiertron“, „Fantasia“ und „magic egg“ starten zu lassen. Die Aufregung ist groß, aber das viele Denken und Planen hat sich gelohnt, denn alle Eier überleben. Daher muss nun ein Härtetest her. Der zweite Fall geht diesmal nicht auf die Wiese, sondern auf den gepflasterten Boden. Beim Auspacken der Eier erschallt auf der einen Seite ein glückliches, lautes „Ja!“ und auf der anderen ein „Ihhhgittt… das ist eklig!“. Nur zwei der vier Eier haben überlebt. Die Reste werden sauber aufgeräumt, ganz nach einem der wichtigsten Grundsätze der Pfadfinder: „Versucht, die Welt ein bisschen besser zurückzulassen, als ihr sie vorgefunden habt.“ (Baden-Powell, 1941)

Info: DEUTSCHE PFADFINDERSCHAFT ST. GEORG DPSG
www.dpsg.de
Alle Stämme in Augsburg und Umgebung, DPSG Augsburg, www.dpsg-augsburg.de
Wölflinge 6 – 10 J., Jupfis (Jungpfadfinder) 11 – 13 J., Pfadis 14 – 16 J., Rover 16 – 18 J.
Stamm „Livingstone“ Firnhaberau, Ansprechpartner: Veronika Zanker,
Gruppenleiterin Wölflinge, Tel. 0151 / 52 06 87 85, Treffen 1 x / Woche,
Gruppenwochenenden, 1-wöchiges Lager in den Sommerferien